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Interviews

Mellow Melange

25 Jahre Mellow Melange - Für Bauch und Herz - Interview im Weser Kurier (04.05.2021) 

MM

25 Jahre Mellow Melange

Für Bauch und Herz

Von Simon Wilke

 

Seit 25 Jahren gibt es sie, und trotz ihres Talents standen sie immer ein im Schatten der großen Stars. Mellow Melange - eine Band, von der man gehört haben sollte.

 

Seit 25 Jahren stehen sie gemeinsam auf der Bühne. Nun spielen Mellow Melange am 19. Mai ein Konzert im Club 100.

 

zum Interview

 

Liest eigentlich noch irgendjemand virtuelle Gästebücher? Zumindest in Erwägung ziehen sollte das, wer sich vor dem Besuch eines Mellow Melange-Konzerts unsicher ist, die richtige Wahl getroffen zu haben. Ersatzweise hier ein kleiner Auszug:

Sigrid und Dietmar: „Wir sind durch halb NRW gefahren, um euch einmal live zu erleben. Und es war wirklich ein grandioses Erlebnis.“

Ralf: „Hallo, ich war Sonntag auf eurem Konzert [...] und den Freunden, die mir zu einem Besuch geraten haben, habe ich anschließend dafür von Herzen gedankt.“

Martin: „Es ist mir unbegreiflich, warum Ihr nicht voll im Rampenlicht steht. Aber so richtig. Haben die alle was an den Ohren?“

Tja, haben sie? Wahrscheinlich nicht, auch wenn die Stimme von Sängerin Sonja Firker nicht zu überhören ist. Auch nicht das virtuose Klavierspiel von Michael Berger, die Saxofonsoli von Matthias Schinkopf, die Geige von Ingo Höricht. Nicht einmal der Kontrabass von David Jehn, obwohl er eben ein Bass ist. Aber es ist nun einmal so, dass Mellow Melange nicht die ganz, ganz große Nummer sind. Sie spielen „nur“ vor Hunderten, die Zahl ihrer monatlichen Hörer bei der Streaming-Plattform Spotify pendelt um die Tausend. Doch an Talent und Professionalität mangelt es sicher nicht. Sonja Firker hat mit Michael Bublé und Rod Stewart gearbeitet, Matthias Schinkopf mit Joe Cocker und Paul Anka.

Die Geschichte von Mellow Melange ist mittlerweile mehr als ein Vierteljahrhundert alt, und sie begann mit Ingo Höricht, der ein paar Songs geschrieben hatte, um sie mit Studiomusikern einzuspielen und dann Musikverlagen anzubieten. „Die Resonanz war nicht überwältigend, mit anderen Worten: Es gab kein Interesse“, erzählt er. Zumindest nicht auf Verlagsseite. Wohl aber bei den Musikern; die Idee einer Band war geboren, es fehlte nur noch die passende Sängerin. Doch dann kam, auf Empfehlung der Bremer Jazz-Sängerin und -Dozentin Romy Camerun, Sonja Firker zum Vorspielen und -singen nach Bremen gereist. Sie war die erste und letzte Kandidatin im Band-Casting, Mellow Melange war komplettiert.

Musikalisch vereint das Quintett, der Name deutet es an, völlig verschiedene Richtungen. Sonja Firker nennt sich „Pop-Eule“, Michael Berger liebt improvisierte Musik, eine Menge Jazz und Folk, etwas Chanson und sogar Tango-Rhythmen bringen sie auf die Bühne. Jedes Stück ist selbst komponiert, fast alles von Ingo Höricht, der gleichzeitig kreativer Motor und Manager, Sprecher und Songschreiber der Gruppe ist. Und vielleicht passt es gerade deswegen so gut mit ihnen: Die Musik ist für sie gemacht. Und dazu kommt: „Wir haben uns einfach lieb“. Dabei sind sie keine Band, die sich gemeinsam die freien Wochenenden um die Ohren schlägt. Sonja Firker lebt weit weg, in Berlin, Matthias Schinkopf widmet große Teile seiner Freizeit seiner Billard-Karriere, und sowieso haben alle Mitglieder von Mellow Melange auch noch andere musikalische Projekte, in denen sie aktiv sind.

Kommen sie aber zusammen, greifen die Mechanismen schnell ineinander. Ist das Stück arrangiert, spielen und singen sie es vom Notenblatt oder Tablet-Bildschirm ein, viele Proben brauchen sie nicht. Klingt es gut, gut. Sind sie mit einer Sequenz unzufrieden, wird noch etwas nachgebessert. Das läuft dann ungefähr so: Sonja Firker zu Matthias Schinkop: „Es wäre schön, wenn du beim letzten Refrain etwas leiser und dann zum Ende hin wieder lauter trommelst.“ Der: „Okay, können wir probieren.“ Anspielen. Matthias Schinkop in die Runde: „Auch doof. Was machen wir denn da jetzt.“ David Jehn: „Schlag einfach nur auf Zwei und Vier.“ Anspielen. Michael Berger: „Das isses.“

25 Jahre vergehen nicht ohne Highlights. Sie waren auf Tour mit dem ehemaligen Bassisten der Rolling Stones, Bill Whyman, und seinen Rhythm Kings („Wir haben teilweise mehr CDs verkauft als die.“). Sie sind in einem Lokal im Pariser Bahnhof Gare du Nord als französische Band aufgetreten („Wir durften kein Wort sprechen.“). Diverse Male haben sie den Deutschen Rock & Pop-Preis in verschiedenen Kategorien gewonnen, beste Studioproduktion, bestes deutschsprachiges Album, Matthias Schinkopf war auch bester Solist („Mit Abstand!“). Zuletzt waren sie mit „Nimm mich hin, Dein Will“, ein Programm, bei dem sie Shakespeare Sonette vertonen, beim Shakespeare-Festival in Neuss.

Wer sich also nicht länger vorwerfen lassen will, etwas an den Ohren zu haben, sollte bei ihnen einmal hinhören. Ihre nächste Station ist im Bremer Pier 2, beim Club 100, vielleicht mit Publikum, wahrscheinlich eher ohne. Aber online oder live zuschauen sollte man allemal, finden sie. Denn: „Wir machen gute Konzerte. Man merkt, dass es die Menschen in Bauch und Herz trifft“, sagt Ingo Höricht. Und vielleicht gibt es dann bald wieder ein paar neue Einträge im Gästebuch von Mellow Melange.

WEITERE INFORMATIONEN

Mellow Melange tritt am Mittwoch, den 19. Mai um 20:00 Uhr im Club 100 auf. Tickets gibt es unter www.club100-bremen.de/mellow-melange.

 

 

 

Ingo Höricht

Akustische Fahrt im Orientexpress - Interview mit Komponist Ingo Höricht (Weser Kurier)

Ingo Portrait mit Mikro

Interview mit Komponist Ingo Höricht Akustische Fahrt im Orientexpress

Der Komponist Ingo Höricht gastiert am 5. November mit einer musikalischen Inszenierung von Graham Greenes Buch Orient Express im Kito. Christian Pfeiff sprach mit Höricht über dieses Projekt.

Wenn Komponisten Romane lesen, entsteht bisweilen in ihrem Kopf wie von selbst ein Soundtrack zur Geschichte. So ging es dem in Lemwerder wohnhaften Komponisten Ingo Höricht bei der Lektüre von Graham Greenes Orient-Express. Mit seiner Band Mellow Melange entstand daraufhin eine zum Großteil instrumentale Literaturvertonung, die am Donnerstag, 5. November, im Kito zu hören sein wird. Dazu liest der Bremer Schauspieler Rainer Iwersen Auszüge aus dem Erfolgsroman. Christian Pfeiff sprach mit dem Komponisten über das Projekt.

Was hat Sie dazu inspiriert, den „Orient-Express“ zu vertonen?

Ingo Höricht: Als ich das Buch gelesen habe, ist in meinem Kopf sofort Musik zu den Szenarien und der Handlung entstanden. Die Landschaften, durch die der Zug fährt, haben mich musikalisch schon immer sehr interessiert: Wien, der Balkan, Istanbul. Sowohl die handelnden Hauptfiguren als auch der Zug haben musikalische Leitmotive erhalten, die im Verlauf der Handlung beziehungsweise der Fahrt durch die verschiedenen Länder immer ein bisschen variieren. Ursprünglich wollte ich nur eine Instrumentalsuite verfassen. Auf die Idee, diese als musikalische Lesung auf die Bühne zu bringen, kam damals mein Freund Renato Grünig, der die Aufführungen des Projekts bis zu seinem Tod im Jahr 2010 auch als Sprecher begleitet hat. Man kann sich das Ganze wie ein Hörbuch mit Musik vorstellen, bei dem die Musik allerdings nicht nur als Zwischenspiel eingesetzt wird, sondern als gleichberechtigtes Erzählelement funktioniert. Text und Musik sind bei uns sehr eng miteinander verknüpft.

Also ein ähnliches Prinzip wie Tschaikowskis „Peter und der Wolf“?

Das kann man prinzipiell durchaus miteinander vergleichen, obwohl es stilistisch natürlich etwas völlig anderes ist. Unsere Musik ist eine Mischung aus melodischem Jazz, Folk und klassischer Kammermusik.

Die Rolle des Sprechers übernimmt jetzt Rainer Iwersen.

Rainer ist ein alter Freund von Renato Grünig, beide gehörten zu den Begründern der Bremer Shakespeare Company und er hat viele Aufführungen mit Renato miterlebt. Da auch Rainer und ich schon lange ein Projekt zusammen machen wollen, kam die Idee, das Projekt noch einmal auf die Bühne zu bringen, fast wie von selbst.

Die Aufführung im Kito wird jedoch auf absehbare Zeit die letzte des Projekts im Bremer Raum darstellen?

Wir spielen das Projekt jetzt auch schon wieder zwei Jahre, und da wir bereits an einem neuen Literaturmusikprojekt arbeiten, haben wir uns entschieden, dass die Vorstellung im Kito auf absehbare Zeit die letzte dieses Programms sein wird. Im kommenden Jahr werden wir ein Shakespeare-Projekt anlässlich dessen 400. Todestags präsentieren.

Zur Person:

Ingo Höricht studierte Violine und Komposition und arbeitet als freier Musiker, Komponist und Produzent. Seine Bands sind Mellow Melange und das Schné Ensemble, außerdem hat er eine Reihe von Alben mit anderen Musikern produziert.

Weitere Konzerte:

Nach dem Auftritt am 5. November, im Kito werden weitere Werke Hörichts in der Stadtkirche Vegesack an der Kirchheide zu hören sein. Der Komponist selbst nimmt dann allerdings in den Zuschauerreihen Platz: Am Sonnabend, 7. November, 17 Uhr, spielt das Hamburger Ponticulus Quartett unter der Leitung von Christine Philippsen unter dem Titel „Überall und Nirgends“ kammermusikalische Werke von Ingo Höricht für Streicher. Das Konzert begleitet die Veröffentlichung einer gleichnamigen CD.

Hier geht es zum Interview im Weser Kurier

 

"Schon die gesprochenen Verse sind Musik" (Weser Kurier)

MM Shakespeare WK

Ingo Höricht im Interview „Schon die gesprochenen Verse sind Musik“

„Nimm mich hin. Dein Will“ der Bremer Gruppe Mellow Melange ist als beste englischsprachige CD 2017 beim Deutschen Rock und Pop Preis geehrt worden. Was Ingo Höricht von Shakespeare hält.

Wie würden Sie den musikalischen Stil beschreiben, für den die Band Mellow Melange steht?

Ingo Höricht : Das ist schwierig zu sagen, weil es so viel ist, was da reinspielt. Aber ich würde sagen, es ist akustische Musik, eine Mischung aus Chanson, Jazz, Folk, Pop, ein wenig Rock. Dabei ist sie sehr melodiös, aber durch ihre Vielstimmigkeit auch sehr anspruchsvoll. So wird ihr auch oft der Charakter von Kammermusik zugesprochen. Auf jeden Fall ist sie sehr eingängig und berührt die Leute.

Die CD „Nimm mich hin. Dein Will“ hat den ersten Preis als bestes englischsprachiges CD-Album 2017 bei dem Deutschen Rock und Pop Preis gewonnen. Ist das eine Premiere für Sie?

Nein und ja, wir haben schon einmal den Preis für das beste Instrumental-Album des Jahres beim selben Award gewonnen, aber damals war es nur der dritte Platz. Dieses Mal ist es also erstmals der erste. Wir freuen uns sehr, aber wundern uns auch etwas, denn wirklich als Rock oder Pop empfinden wir unsere Musik nicht. Es klingt zwar manchmal so, aber da ist eigentlich viel mehr Jazz und Chanson drin. Aber das mag man auch anders sehen, und natürlich sind wir stolz und auch sehr dankbar für die Auszeichnung.

„Nimm mich hin. Dein Will.“ Können Sie den Titel erklären?

Das ist die Übersetzung einer Zeile eines Sonettes von William Shakespeare, in dem er sehr viel von seinem und ihrem Will spricht. Will steht im Englischen als Slang-Name für das männliche oder weibliche Geschlechtsteil. Und es ist eine Abkürzung von William. Er spielt in diesem Text ziemlich direkt und unverfroren mit dieser Doppeldeutigkeit, und wir empfanden das als eine starke Zeile, als eine starke Liebesaufforderung.

Was zeichnet dieses Album für Sie aus?

Es ist eine Mischung von Literatur und Musik. Wir haben ja die englischsprachigen Sonette von Shakespeare vertont. Schon allein gelesen, klingen die von einem guten Sprecher vorgetragen wie Musik. Dieses rhythmische Heben und Senken der Sprache, der Text wie ein Herzschlag. Wir haben die von uns ausgewählten Sonette musikalisch sehr abwechslungsreich umgesetzt und eingespielt. Auch von der Instrumentierung her gibt es eine große Vielfalt, wir sind alle Multiinstrumentalisten.

Sie spielen also alle mehrere Instrumente?

Ja, genau. Matthias Schinkopf, der übrigens beim diesjährigen Rock- und Pop-Preis als „Bester Blasinstrumentalist“ und als „Bester Instrumentalsolist des Jahres“ ausgezeichnet wurde, spielt bei uns Saxofon, Querflöte, Blockflöte und Percussion, unser Bassist und Sänger David Jehn spielt auch noch Mandoline, Gitarre und Hapi (Anmerkung der Redaktion: eine kleine Steeldrum) und unsere Frontfrau und Sängerin Sonja Firker spielt Geige, Autoharp und sehr gut Blockflöte. Da David auch ein wenig Blockflöte spielt, lag es nahe, dreistimmige Blockflötensätze zu komponieren und in die Sonettvertonungen einzufügen. Das klingt dann sehr nach Renaissance und Shakespeare.

War dieses Album ein lang gehegtes Vorhaben?

Die Sonette von Shakespeare haben mich schon lange zum Vertonen gereizt, und dann kam 2016 das Shakespeare-Jahr. Wir haben aber bereits zuvor Projekte gehabt, in denen Musik und Literatur verschmelzen. Zum Beispiel die Vertonung des Orient Expresses zusammen mit Renato Grünig und Rainer Iwersen als Sprecher, Gründungsmitgliedern der Bremer Shakespeare Company. Rainer Iwersen hat uns mit Petra Janina Schultz zusammengebracht, die seine deutschen Übersetzungen der Sonette in die Vertonungen hineinspricht, wenn wir das Programm live spielen. Petra Janina singt auch einen Song auf der CD. Nur ganz zu Beginn haben wir einfach unsere Songs und Instrumentalstücke ohne eine verbindende Klammer auf Alben rausgebracht. Inzwischen finden wir den Ansatz, eine zentrale Idee und einheitliches Konzept bei einem jedem Album zu haben, einfach reizvoller.

Das Interview führte Gerald Weßel.

 

Ingo Höricht ist Gründungsmitglied der fünfköpfigen Combo „Mellow Melange“, die es seit 1996 gibt. Die Sängerin Sonja Firker wohnt in Berlin, Ingo Höricht in Schwachhausen, die anderen in Findorff und im Viertel. Höricht und der Bassist David Jehn komponieren, Höricht kümmert sich auch um die Organisation, spielt Geige, Bratsche und Gitarre.

 

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